Sonntag, 9. Oktober 2011

Die erste Rundmail....

6.10.2011

Hallo zusammen,

so jetzt habe ich mich endlich durchgedrungen meine erste Rundmail zu schreiben. Wird auch wirklich Zeit, schließlich bin ich nun schon vier Wochen hier. Vier Wochen und es ist natürlich schon einiges passiert. Zunächst mal vielen, vielen lieben Dank für die Mails, die ich schon gekriegt habe – sorry dass ich nicht jedem einzeln antworten kann, bitte habt Verständnis…
Ja wo fängt man da nun am Besten an? Am Besten von vorne, nicht wahr J…nun denn…mein Empfang hier war angenehm und sehr herzlich. Nach mehr als zwei Tagen Anreise aus Richtung Perú war das auch wirklich super. Mir wurde sogleich mein Zimmer gezeigt. An Schlaf war dennoch nicht zu denken, da sich im gleichen Gebäude in dem ich wohne ein Kindergarten befindet. Mit mir zusammen wohnen nochmals zwei Freiwillige, die auch hier im Projekt arbeiten. Ja ich wohne in Sucre, im Stadtteil Villa Armonia, der etwas außerhalb liegt und mit dem Stadtzentrum nicht zu vergleichen ist. Um in die Stadt zu kommen fahre ich ca. eine halbe Stunde Bus und ca. 15-20 Minuten Taxi. Leider gibt es in „Villa Armonia“ nicht so viel Interessantes. Außer einem kleinen Markt ein paar sehr langsamen Internetcafes und Geschäftchen ist dort nicht viel los. Außer dem Projekt „CEMVA“ natürlich. Mit Bäckerei, Schreinerei, Elektro-, Metallwerkstatt, Schule, Schülermittagstisch, Sozialarbeit, Hausaufgabenbetreuung, Kindertagesstätte ist dort viel Soziales geboten.
Und wo arbeite ich nun? Nun ja, es ist zunächst mal alles anders wie geplant. Eigentlich sollte ich ja die Sozialarbeiterin im Projekt unterstützen. Allerdings ist nun erstmal eine andere Aufgabe auf mich zugekommen. Vor ca. 3 Monaten wurde der Bau einer Kindertagestätte in „Alegria“ fertiggestellt. Ich hatte davon schon in den Berichtsheften des BKHW gelesen. Alegria ist ein weiterer Stadtteil von Sucre, allerdings noch weiter draußen als Villa Armonia (Richtung Flughafen). Dies bedeutet noch schlechtere Erreichbarkeit, weniger entwickelt, staubige Straßen, die sich in der Regenzeit (die beginnt gerade so langsam) in Matsch verwandeln. Auf dem Weg nach „Alegria“ fallen einem Menschengroße Puppen auf, die oben an den Laternenmasten befestigt sind und Diebe davor warnen am lebendigen Leib verbrannt zu werden…Kanalisation gibt es kaum, keine Müllabfuhr, wenig Lebensstandard. Die Menschen leben in sehr einfachen Unterkünften, oft selbstgebaut aus Lehmziegeln usw., Wasser bringt der LKW, Elektrizität steht nicht jedem zur Verfügung. Zudem ist Wasser immer knapp. Die Tagesstätte ragt in dieser wüstenähnlichen Gegend wie ein Palast auf, als einzigster gestrichener Steinbau mit der Aufschrift (Casa del nino). Wir in der Tagesstätte haben schöne Räumlichkeiten, Elektrizität und fließend Wasser. Aufgrund er Wasserknappheit haben wir allerdings nachmittags oft kein Wasser, oder es ist sehr verschmutzt (so dass es sichtbar schmutzig aus der Leitung kommt). Die Menschen in diesem „Barrio“ (Viertel) gehören der „Quechua“ an, der größten indigenen Bevölkerungsgruppe hier in Bolivien. Die Sprache dieser Leute nennt sich ebenso „Quechua.“ Sie wird eigentlich in allen Familien gesprochen. Viele sprechen wenig oder gar kein Spanisch. Unsere Köchin beispielsweise hat oftmals Verständnisprobleme. Die Kinder lernen Spanisch also nicht von Kindesbeinen an, sondern erst später in der Tagesstätte oder Schule, oder lernen es nur unzureichend, da die Eltern es nur begrenzt sprechen können. Insgesamt ist die Bildungssituation verheerend. Es gibt viele Menschen, vor allem Frauen, die kaum lesen oder schreiben können. In die Schule gingen viele nur drei oder vier Jahre. In unserer Einrichtung arbeiten zwei „Educadoras“ (Erzieherinnen) und eine Köchin. Die  „Educadoras“ sind junge Mütter, mit vier Jahren Schulbildung. Ansonsten haben sie keinerlei Ausbildung. Beide sind noch sehr jung. Violetta (21) hat ein fünfähriges Mädchen und Julia (19), ein zweijähriges und ein 5 Monate altes Baby. Es gibt unheimlich viele junge Mütter. Die Armut ist groß. Das Selbstwertgefühl der Frauen scheint insgesamt sehr klein zu sein. Selbst den kleinen Jungs gegenüber verhalten sie sich schüchtern und zurückhaltend, setzen sich nicht durch…das wird sehr schnell deutlich. Die beiden waren vor allem anfangs sehr verschlossen und unglaublich schwer erreichbar. Es war kaum möglich ein nettes Gespräch zu führen. Mittlerweile ist dies besser geworden. Die Situation mit den Kindern war katastrophal. Die Kleinen (0-3) schmutzig, durchnässt, quengelig und unausgeglichen. Die Großen (4-6 Jahre) ebenso bedürftig, unausgelastet, ernst, ungezogen. Die 4-6 jährigen waren nicht in der Lage miteinander zu spielen. Es wurden geschrien, geschlagen, geboxt, weggerissen…einige Kinder wussten kaum die Toilette zu benutzen.
So kam ich vor vier Wochen in diese eben fertiggestellte Kindertagesstätte.Ich sollte „da mal was voranbringen.“ Wo fängt man denn da am Besten an? Zunächst wurden die Räumlichkeiten umstrukturiert, denn eine Woche nach meiner Ankunft fand die Einweihung statt. Also ging´s gleich richtig los. Bis dahin musste natürlich, zumindest äußerlich alles tip top sein…so wurde Stühle, Tische Bänke, Spielzeug und so manche Gerümpel aussortiert und verräumt. Es wurden letzte Fenster gestrichen, Handtuchhaken befestigt, Wände gestrichen. Zur Einweihung kamen dann natürlich alle wichtigen Leute. Vertreter des Stadtrats, Vertreter der Organisation „Pan“ (staatliche Organisation vom Jugendamt, die Tagesstätte realisiert und z.B. auch die Educadoras bezahlt), Vertreter der Organisation „SOS“ (internationales SOS Kinderdorf, unterstützen Kindertagesstätten dort durch Fortbildungen für die Educadoras, Spielmaterial usw.) Vertreter von CEMVA (Projekt in Villa Armonia, Frau Hochmann, unsere Chefin, die das Ganze finanziell unterstützen). Ja so einige „wurschteln“ da mit. Da musste ich erstmal Durchblick bekommen. Nicht so einfach wenn so viele mitreden…es wurde eine Messe gefeiert, es kam ein Blaskapelle, es gab ganz typisch „Motongo“ (Schweinefleisch mit Chillisoße, Mais und Kartoffeln) zu essen. Die Kinder haben gesungen, es wurden Reden gehalten…eingeräuchert…das Übliche eben. Insgesamt eine schöne Feier an einem sonnigen Tag, der Eingang war ganz typisch mit den gewebten Tüchern geschmückt.
Seit der Einweihung ist es nun eher still geworden. Naja, die Kinder natürlich nicht J…die sind eher „lauter“ geworden. Das darf man jetzt aber nicht falsch verstehen. Denn eigentlich sind sie auch „leiser“ geworden. „Lauter“ in dem Sinne, das mehr gesprochen wird, dass es Kommunikation gibt. „Leiser“ in dem Sinne, dass nicht mehr so viel gestritten, weniger geschlagen wird. Die Kinder waren zu Beginn unglaublich still, verschlossen, ernst…die Educadoras haben kaum mit ihnen gesprochen…es gab kaum Angebote, Regeln konnten nicht durchgesetzt werden, ein riesen Chaos…somit machte ich mich mit Sophia (eine weitere Freiwillige, die mich unterstützt) an die Arbeit, sie ging erstmal mit zu den Kleinen, ich zu den Größeren. Auch die Institution SOS trug mit einigen Vorschlägen zu mehr Struktur bei. Es ging und geht immer noch um Grundangelegenheiten, die die beiden Educadoras nicht zu händeln wissen. Der Klogang zum Beispiel. Die Essensituation. Wir hatten Kinder, die neben dem Klo ihr Geschäft erledigten, oder in den (Sand)Garten gingen oder in den Abflussschacht pieselten. Das Essen wurde (wird) auf den Boden geworfen, die Educadoras lassen alles geschehen, die Kinder waren (sind) auf und unter den Tischen. Ich möchte allerdings eher auf „waren“ plädieren, denn es hat sich schon sehr, sehr verbessert. Zu Beginn dachte ich, dass es hoffnungslos ist. Aber selbst innerhalb dieser kurzen Zeit fällt Veränderung unter den Kindern auf, das ist das Schöne an der Arbeit. Die Kinder entwickeln sich unglaublich schnell und sichtbar vor allem. Sie nehmen Regeln an, sie sind oft dankbar, sie schaffen es mittlerweile längere Zeit zu spielen, ohne das es gleich „kracht.“ Es ist wirklich schön, die Früchte der eigenen Arbeit zu sehen, obwohl es eigentlich so banal war. Regeln konsequent durchsetzen. Kommunizieren. Reagieren. Loben. Wertschätzen. Maßregeln. Belohnen. Lachen. Spielen. Singen. Schimpfen. Versöhnen. Strukturieren. Besorgt sein. Kümmern. Natürlich müssen wir weiter an allem arbeiten, es fehlt Material, Geld, Hygiene, Bildung, Organisation, Motivation (die Educadoras verdienen 450 Bolivanos, d.h. 45 Euro, das reicht auch hier nicht zum Leben), Matratzen zum Schlafen, ein Garten zum Spielen…ja einfach auch an finanziellen Mitteln um einen gewissen Standard zu halten. Es passiert einfach nichts von staatlicher Seite, es ist unglaublich. Die 2,50 Euro, die die Eltern zahlen im Monat sollen reichen für Essen, Hygieneartikel etc., das funktioniert natürlich nicht. Hygieneartikel sind mindestens so teuer wie bei uns….Dennoch ist es schön dass sich etwas bewegt…innerlich zumindest!
Huch, ich bin ja schon bei der dritten DIN-A4 Seite. Soviel Geduld hat ja keiner von euch, oder? Ist überhaupt jemand hier angelangt? Also ich glaube weiter sollte ich eure Geduld nicht auf die Folter spannen…ich könnte zwar noch weiter erzählen, aber so viel nun dazu. Die nächste Mail kommt bestimmt, oder meldet euch einfach wieder. Ich versuche euch allen zu antworten, ich hoffe es klappt.
Und apropos: schaut doch einfach mal noch in meinem Blog www.marlenegoestobolivia.blogspot.com vorbei, da findet ihr noch ein paar Einträge und vor allem Bilder, die euch nun bestimmt (hoffentlichJ) interessieren werden. Die Tage folgen auch einige Bilder aus der Arbeit...also schaut einfach vorbei!!
Ich schick euch viele sonnige (uuups heut hat´s ja geregnet J) Grüße aus Sucre, Bolivien…
Bis hoffentlich bald…hastaluego

Eure Marlene

PS: Hier schon der Link zu den Fotos...viel spass beim gucken!!!!!

Sonntag, 18. September 2011

Entrada Sucre

Hier sende ich die ersten Gruesse aus Sucre...unten auf der Seite findet ihr einige Bilder vom "Entrada", ein Fest das jaehrlich zu Ehren der "Virgen de Guadalupe" stattfindet, ein grosses Folklorefeste hier in Sucre...ich hatte das Glueck bei einer Tanzgruppe des Stadtviertels "Potolos" mitzutanzen, ein recht lustiger Tanz der in der Gruppe beim Festumzug getanzt wird...einer der vielen traditionellen Taenze, die es in Boliven neben "Tinkus" und vielen anderen gibt...es war natuerlich fuer Teilnehmer wie fuer Zuschauer interessant einige "Gringos" (so werden die Weissen hier genannt) mittanzen zu sehen...ich kann gar nicht sagen wie oft ich fotografiert und auch interviewt wurde...ich wurde sogar im Fernsehen live uebertragen...leider hab ich`s selber nicht gesehen...
Ich in jetzt seit zwei Wochen hier...der naechste Bericht folgt bald - dann moechte ich von meiner Arbeit hier erzaehlen...
Muchos Saludos de Sucre
Marlene

Freitag, 19. August 2011

Saludos de Perú


Hallihallo ihr Lieben auf der anderen Seite der Welt :-)...

Ich schick heute die ersten „offiziellen“ Grüße vom südamerikanischen Kontinent. Derzeit bin ich Huánuco, Perú und bin auf Spurensuche nach Bekannten und Ereignissen aus der Zeit, in der ich hier gearbeitet habe. Es ist schön Erinnerungen wieder aufleben zu lassen…sowie schöne als auch unschönere…Außerdem ist es super Sprachkenntnisse wieder aufzufrischen und wieder richtige warm zu werden mit dem schönen „Castallano“ (Spanisch), wie es hier genannt wird…Als Espanol wird hier das Spanisch in Spanien selbst bezeichnet…
Natürlich habe ich auch schon „Papa Rellena“ (Eine Art gefüllter, frittierter Kartoffelknödel mit Hackfleisch, Ei, Olive gefüllt…hmmmm) und „Causa Rellena“ (Kartoffelkuchen, z.B. mit Gemüse, Hähnchenfleisch oder Thunfisch gefüllt) gegessen…ja uns sonst gibt´s natürlich ganz viel Reis…aber den esse ich ja gerne!
Beim Hinflug hatte ich ganz schön Glück mit meinem Gepäck! Ich musste zweimal umsteigen (Frankfurt und Panama Stadt) und flog demnach auch mit zwei verschiedenen Fluglinien. Leider hatte der Herr von der Lufthansa in München mein Gepäck unklar beschriftet, d.h. er hatte zwar die richtigen Flugnummern angegeben, aber den falschen Zielort…ich befürchtete schon, dass ich in Lima länger als erwünscht auf meine Gepäck warten muss….Aber ich hatte Glück…mein Rucksack wurde zwar in Panama ausgecheckt, aber zum Glück hatten sie es schnell erkannt (dank meinem knallroten Regenschutz J) und checkten es umgehend wieder ein.
Auch durfte ich schon erste nette Reisebekanntschaften machen…nen verrückten Italiener im Flugzeug, ne Projektkoordinatorin, die nach Haiti flog, ne deutsche Kunststudentin, die ab September in Lima studiert…ne Peruanerin, die in Deutschland lebt und studiert und ihre Eltern besuchte, samt Mitstudentin aus Deutschland…also langweilig wurde mir mit Sicherheit nicht!
Ich verweile hier nun noch ein Weilchen bevor ich mich auf die Reise nach Bolivien mache – also bis dann – spätestens in Bolivien lass ich wieder von mir hören…

Hasta luego…

Marlene

Dienstag, 26. Juli 2011

Beim Tandemauflug nach Jessen am Vorbereitungsseminar
 
 

Samstag, 23. Juli 2011

Klöden - unser Vorbereitungsseminar

Hallihallo,

viele Grüße aus dem beschaulichen Klöden in Sachsen-Anhalt in der Nähe der Lutherstadt Wittenberg. Die vergangene Woche wurden wir hier super intensiv auf unseren Bolivienaufenthalt vorbereitet. Von Teambildung, über Entwicklungspolitik, Kinderarmut und globales Lernen bis hin zu ganz konkreten Informationen über Bolivien selbst und unsere Einsatzprojekte war alles dabei. Insgeamt sind wir 16 junge Leute zwischen 19 und 26 Jahren, die ab August bzw. September nach Bolivien gehen. Ist ne richtig coole Truppe, mit total verschiedenen Leuten! Die anderen kommen aus den  unterschiedlichsten Ecken Deutschlands: Bremen, Hamburg, Freiburg, Heilbronn, Nürnberg, Reutlingen, Singen oder Basel...von allen Seiten Richtung Nord und Süd ist also alles dabei!
Ja und Montag geht´s dann schon wieder ab nach Hause...für die meisten ist´s dann auch nicht mehr lang bis zum großen Abflugtag! Die letzten Vorbereitungen laufen...

Marlene

Samstag, 2. Juli 2011

Noch im schönen Allgäu...:-)




Hallo zusammen,

jetzt bin ich ja mal gespannt ob ich das mit diesem Blog hinkriege...aber wenn ich schon ein ganzes Jahr weggehe, gehört das heutzutage schließlich zum Standardprogramm :-)
Im Moment genieße ich meine Zeit hier im schönen Allgäu noch so richtig, wie man auf dem Bild sieht...
Ja, lange ist´s nicht mehr...am 11.8.2011 geht mein Flieger und es gibt noch viel zu tun: Abschiedsfeiern, Vorbereitungsseminar und und und...also ich sag in diesem Sinne mal herzlich willkommen auf meinem Blog - und schaut´s doch einfach hin und wieder (oder öfter :-))vorbei - ich freu mich auf eure Kommentare...

Grüßle Marlene